Therapievorhersage durch Analyse von
Patientendaten in der Ophthalmologie (TOPOs)
BMBF-Fördermaßnahme im Rahmen des Förderschwerpunktes
„Digitale Gesundheitsversorgung“
'Ich halte es für wertvoll, dass sich der Arzt in der Prognose übe, denn wenn er von sich aus erkennt und darüber aufklärt, was eintreten wird, nimmt er die Angst, lässt die Freiheit der Entscheidung, quält nicht sinnlos und erntet Vertrauen.'
aus PROGNOSTICON von Hippokrates
Über das Projekt

Motivation
Makulaerkrankungen wie die diabetische Retinopathie, das Makulaödem nach retinalem Venenverschluss oder die altersabhängige Makuladegeneration stellen in Industrienationen die häufigsten Ursachen für bleibende Sehminderung bis hin zur Erblindung dar.
Die hohe Prävalenz gepaart mit der enormen Einschränkung an Lebensqualität zeigt die Wichtigkeit einer bestmöglichen Therapie für diese Erkrankungen. Seit etwa 10 Jahren hat sich eine Therapie für alle drei genannten Krankheitsbilder entwickelt, die auf der intravitrealen Injektion von VEGF-Inhibitoren beruht und zu einer Abnahme des Makulaödems, häufig gepaart mit einer Verbesserung oder zumindest Stabilisierung des Sehvermögens führt. Herausfordernd ist bei dieser Therapie jedoch, dass die Variabilität der Behandlungsverläufe zwischen den Patienten sehr hoch ist. Diagnostisch erfasst werden kann diese Variabilität mittels hochauflösender optischer Schnittbilder der Makula in der optischen Kohärenztomographie (OCT).
Links ist das Fundusbild (Infarotaufnahme des Augenhintergrundes, Aufsicht) zu sehen.
Der grüne Pfeil zeigt die Position des OCT-Schnittbildes, das auf der rechten Seite dargestellt ist (Querschnitt).
Dieses Verfahren gibt dem Arzt jedoch nur ein Bild der Makula und der dortigen Schädigungen, erlaubt aber ohne Weiterverarbeitung und Aufbereitung keine Prognose über den zu erwartenden individuellen Verlauf der Therapie. Es sind derzeit keinerlei Prognosen bezüglich Anzahl der Injektionen, Abstände, möglichen Pausen oder Rezidivgefahr möglich. Sowohl der behandelnde Arzt als auch der Patient bleiben also derzeit im Ungewissen über den zu erwartenden individuellen Behandlungsverlauf.
Ziele und Nutzen
Primäres Ziel des Projekts ist es, den für den Arzt unüberschaubar großen Merkmalsraum aus individuellen demographischen Faktoren und krankheitsassoziierten OCT-Daten informationstechnologisch aufzubereiten. Durch eine intuitive Visualisierung in Form eines vergleichenden explorativen Systems wird dem Arzt die Möglichkeit gegeben, eine verlässliche Vorhersage über den individuell zu erwartenden Therapieverlauf eines Patienten zu geben.
Dadurch kann die Therapie sehr viel genauer an jeden einzelnen Patienten angepasst werden. Der Augenarzt ist somit in der Lage, für jeden Patienten einen personalisierten Behandlungsplan erstellen zu können und Rezidivrisiken zu minimieren.
Innovationen
Aktuelle Entwicklungen der Informatik aus den Bereichen der Bild-, Text- und Datenanalyse sowie der Visualisierung werden in einem System vereint. Dabei soll eine möglichst gute Repräsentation der Daten des aktuellen Patienten im Kontext des Erfahrungsschatzes der Behandlungsverläufe bisheriger Patienten erreicht werden. Hierfür werden die relevanten Merkmale eines jeden Patienten aus den vorliegenden Rohdaten extrahiert. Dies beinhaltet die verlässliche automatische Extraktion und Klassifizierung von diagnostischen Merkmalen aus den bisher nur maschinenschriftlichen Arztbriefen (Text Mining). Außerdem werden die für die Unterscheidung der einzelnen Befunde und deren Verläufe maßgeblichen Charakteristika aus den OCT Rohdaten extrahiert und die Daten anhand dieser klassifiziert (Bildverarbeitung).
Beide Elemente werden danach zusammengeführt und erlauben somit einen neuartigen Erkenntnisgewinn wie er für den behandelnden Arzt ohne digitale Unterstützung bisher nicht möglich ist.
Projektlaufzeit
01.02.2017 bis 31.01.2020
Die Projektpartner
Averbis GmbH, Freiburg
Verbundkoordinator
Hochschule Mittweida,
Fakultät Angewandte Computer- und Biowissenschaften
Universität Rostock,
Institut für Informatik